Übersetzung von Eva Savinova
Deutscher Mathematiker sagt, er könne den Tod berechnen
Sieht so aus, als ob im Königreich der Königin der Wissenschaften ein Wirbel entfacht worden ist. Professor Christian Hesse behauptet etwas, wovon viele im Königreich – also in der Weltwissenschaftsgemeinschaft der Mathematiker – ungläubig flüstern. Hesse behauptet in aller Ernsthaftigkeit, dass er das Sterberisiko berechnen kann.
Prof. Hesse erklärt: „Als ich an dieser Forschung gearbeitet habe, hat mich eine Frage besonders beschäftigt: Welcher Tag ist, statistisch gesehen, der gefährlichste Tag im Jahr für einen Menschen? Und die Antwort hat mich überrascht. Am eigenen Geburtstag erhöht sich das Sterberisiko um 14% im Vergleich zum Durchschnitt der anderen Tage. Das ist ein sehr ernsthafter Sprung.“
Ein erfahrener russischer Experte und Publizist Anatoly Wassermann ist vor Überraschung beinahe vom Stuhl gefallen als er im Internet über den Professor aus Stuttgart las: „Das ist ja irgendeine Magie der Zahlen!!“, so resümierte er die wissenschaftlichen Erkenntnisse von Christian Hesse. Ironisch fügt Wassermann hinzu: „In einer der historischen Chroniken von William Shakespeare gibt es so ein Dialog:
„- Ich rufe Geister aus der wüsten Tiefe.
- Ei ja, das kann ich auch, das kann ein jeder.
Doch kommen sie, wenn Ihr nach ihnen ruft?“
(Anm., Zitat aus: Shakespeare. König Heinrich IV. Erster Teil).
Shakespeare hin oder her, aber was ist, wenn das doch wahr ist? Vielleicht ist der Professor aus Stuttgart der Wahrheit auf den Grund gegangen?
In der Tat kalkuliert Hesse das Sterberisiko für verschiedene Altersgruppen und Aktivitäten mit Hilfe von sogenannten Mikromorts. Ein Mikromort – buchstäblich ‚kleiner Tod‘ – wurde in den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts erfunden. Seitdem verwendet man diese Maßeinheit in der Statistik, um zum Beispiel eine Krankenversicherung zu errechnen. Ein Mikromort ist eine 1 zu 1 Million (0,000001) Wahrscheinlichkeit zu sterben. Hört sich erstmal sehr wenig an, aber man kann viel mehr solche Mikromorts ‚sammeln‘.
Zum Beispiel: Telefonieren am Steuer – 170 Mikromorts, Rauchen – 2 Mikromorts pro Zigarette, beim Alter um die 30 Jahre sind es 2 Punkte pro Tag. Plus schlechte Ernährung, Luftqualität, usw. Beim Aufstieg auf den Mount Everest muss man mit 36.000 Punkten rechnen. Dann ist das Risiko früher zu sterben nicht mehr so unwahrscheinlich.
Allerdings hat jede Regel ihre Ausnahme. Interessant wäre, was der deutsche Professor über diesen Mann gesagt hätte? (Anm. d. Übers.: siehe Video min 02:04 – 02:43)
Gleitschirmpilot Ivan Krasowski ist aus der Höhe von 666 m gefallen und hat überlebt.
Was sagen Sie dazu, Herr Hesse?
Krasowski erzählt: „Ich bin nicht nur einmal gefallen, und bisher war alles okay. Ich falle und überlebe, falle und überlebe, alles in Ordnung. Etwas geht kaputt, ich repariere und fliege wieder. Deswegen habe ich mir auch diesmal keine Sorgen gemacht“. Nun unterrichtet Krasowski das Gleitschirmfliegen und sagt, man solle keinen Vorhersagen vertrauen, da es in jeder, sogar einer sehr genauen Berechnung, Fehler geben kann.
„Es gibt doch so unglaublich viele, unzählige, unberechenbare Faktoren. Wir leben in einer probabilistischen Welt. Wenn wir zum Beispiel eine Münze werfen, weiß die Münze sozusagen selber nicht, auf welcher Seite sie landet. Aber die Wahrscheinlichkeit kennen wir mehr oder weniger, sie liegt bei ungefähr 1⁄2...“ – kommentiert Rostislav Polischuk von der Akademie der Wissenschaften und Doktor der Mathematik.
Und während Professor Hesse rechnet und berechnet, wird im Königreich der Mathematik weiter diskutiert und gestritten. Und dennoch wollen wir ja glauben, dass das Leben eine Gleichung mit sehr vielen Unbekannten ist, die man nicht lösen kann.
(Reportage des russischen Nachrichtensenders N-TV).